Elisabeth Zillken
Politikerin
Zur Person
geboren: 8. Juli 1888 in Wallerfangen
gestorben: 28. November 1980 in Dortmund
beerdigt:Dortmund
Konfession: katholisch
Mutter: Anna Zillken
Vater: Engelbert Zillken
Biographie
Elisabeth Zillken, 1888-1980 Generalsekretärin und Vorsitzende des Katholischen Fürsorgevereins für Mädchen, Frauen und Kinder; Landtags- und Kommunalpolitikern. Sie wurde am 8. Juli 1888 in Wallerfangen an der Saar als das älteste von fünf Kindern von Anna und Engelbert Zillken geboren. Nach dem Abschluss der höheren Schule in Saarlouis begann sie eine Ausbildung an einer privaten höheren Handelsschule in Köln. Das Studium an der Kölner Handelshochschule schloss Zillken 1910 mit dem Diplom ab. Danach unterrichtete sie bis 1916 an den kaufmännischen Unterrichtsanstalten in Köln, Hannover und Düsseldorf. Wegen ihres sozialen Engagements wurde Elisabeth Zillken der Gründerin und Vorsitzenden des Katholischen Fürsorgevereins für Mädchen, Frauen und Kinder (KFV), Agnes Neuhaus, empfohlen. Am 1. Oktober 1916 übernahm Zillken die Stelle der Generalsekretärin des KFV. Mit seinen sog. Rettungshäusern und Mutter-Kind-Heimen bot der Fürsorgeverein u.a. jungen alleinstehenden Müttern, insbesondere aus dem Arbeitermilieu, Unterkunft nach der Entbindung, Hilfen bei der Suche nach Arbeit sowie Pflegestellen für ihre Kinder an. Von Agnes Neuhaus übernahm Zillken die Schulung der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und deren Einweisung in die jeweiligen Arbeitsgebiete. Mit der Errichtung einer eigenen Fürsorgerinnenschule in Dortmund Ende 1916 leisteten Zillken und der KFV einen wichtigen Beitrag zur Professionalisierung der Sozialarbeit. Aus diesen Anfängen entwickelte sich eine soziale Frauenschule, die 1927 die staatliche Anerkennung bekam. Im folgenden Jahr wurde die Leitung der Schule Dr. Anna Zillken, der jüngsten Schwester Elisabeths, übertragen. Während des Ersten Weltkriegs galt das Engagement des Fürsorgevereins neben der Jugend- und Gefährdetenfürsorge auch der Kriegswohlfahrt. In den Anstalten des Vereins wurden Schneiderarbeiten für das Heer durchgeführt; gegen Kriegsende kam die gezielte Betreuung von ausländischen Gefangenen hinzu. Nach dem Krieg konzentrierte sich der KFV in Zusammenarbeit mit anderen karitativen Institutionen wie dem Deutschen Caritasverband auf die Linderung der sozialen Not unter der Bevölkerung. Im Jahr 1919 wurde Elisabeth Zillken von der Zentrumspartei als Kandidatin für den Dortmunder Stadtrat aufgestellt und gehörte ihm fortan – mit Ausnahme der Jahre 1933 bis 1945 – als Stadtverordnete an. Als Agnes Neuhaus 1930 im Alter von 70 Jahren auf eine erneute Kandidatur verzichtete, kam Zillken als Vertreterin des Zentrums in den Deutschen Reichstag. Über ihre Arbeit und die des Fürsorgevereins in der NS-Zeit schrieb Zillken: „Die Geheime Staatspolizei überwachte uns; sie verbot den Jugendämtern, uns zur Arbeit heranzuziehen, sie verbot uns die Adoptionsvermittlung und die Arbeit in den Gefängnissen.[...] Die Arbeit in den Gefängnissen haben wir trotzdem weitergeführt, weil sie von nationalsozialistischer Seite niemand tat. [...] Wir mußten uns manche Hausdurchsuchung und Aktenbeschlagnahme gefallen lassen. Ich mußte mich jeden Monat bei der Geheimen Staatspolizei in Dortmund-Hörde melden. Auch die Schule hatte erhebliche Schwierigkeiten. 1944 wurde Haftbefehl gegen mich erlassen, der aber wegen merkwürdiger Verkettungen nicht durchgeführt werden konnte.“ Im Jahr 1944, nach dem Tod von Agnes Neuhaus, übernahm Zillken zusätzlich zu ihrem Amt als Generalsekretärin (bis 1958) den Vorsitz des Fürsorgevereins. Nach dem Kriegsende wurde sie von der englischen Militärregierung zum Mitglied des provisorischen Dortmunder Stadtparlamentes und des ersten nichtgewählten nordrhein-westfälischen Landtags bestimmt. Als CDU-Mitglied gehörte sie dem Landtag bis 1947 an. Als stellvertretende Vorsitzende der Frauenvereinigung in der CDU arbeitete Elisabeth Zillken in dem überparteilichen Frauenausschuss der Stadt Dortmund, der im September 1946 in einer konzertierten Aktion von ihr, Helene Wessel (Zentrum), Charlotte Temming (KPD), Elli Zey (SPD), der Oberfürsorgerin der Stadt Dortmund, Margarethe Hinsberg, Margarethe Faehre (CDU), Hertha Tüsfeld (KPD) und der Ärztin Dr. Paula Köster ins Leben gerufen wurde. In fünf Arbeitskreisen erarbeitete der Ausschuss, dem 20 bis 30 Frauen angehörten, praktische Vorschläge zur Bekämpfung der Not in der Nachkriegszeit, so zur Erfassung und Verteilung von Lebensmitteln, Organisation der Kohlenzuteilung, Instandsetzung von Schulen, Errichtung von Heimen für Flüchtlinge oder Einrichtung von Kindergärten, Waschküchen und Volksküchen. Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre war Zillken u.a. an der Vorbereitung bzw. Novellierung diverser Gesetze beteiligt wie z.B. des Jugendwohlfahrtsgesetzes, des Gesetzes zur Vereinheitlichung und Änderung familienrechtlicher Vorschriften oder des Bundessozialhilfegesetzes. Mit Ausnahme einer kurzen Unterbrechung in den Jahren 1950 bis 1953, in denen Johanna Schwering Vorsitzende des Gesamtvereins war, stand Elisabeth Zillken bis zu ihrem 83. Lebensjahr (1971) an der Spitze des Katholischen Fürsorgevereins, der sich 1968 den Namen Sozialdienst Katholischer Frauen (SkF) gab. Zudem war sie Vizepräsidentin des Deutschen Caritasverbands und des Zentralkomitees der deutschen Katholiken sowie Vorstandsmitglied des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge. Sie starb am 28. November 1980 in Dortmund. <br />
Literatur
Ursula Olschewski, Elisabeth Zillken - Leben und Wirken der Präsidentin des katholischen Fürsorgevereins für Mädchen, Frauen und Kinder, in: Lebensläufe im Sozialkatholizismus des Ruhrgebiets (Berichte und Beiträge 42) Essen 2003, S. 104-115.; Dies., Die menschliche Nähe ... wieder voll zum Tragen zu bringen“ - Leben und Werk von Elisabeth Zillken, in: Christen an der Ruhr, hg. v. Alfred Pothmann und Reimund Haas, Bd. 2, Essen 2002, 81-91.; Andreas Wollasch, Der Katholische Fürsorgeverein Mädchen, Frauen Kinder (1899-1945), Freiburg i.Br. 1991.
Quellen
Die Entwicklung der öffentlichen Wohlfahrtspflege, in: Korrespondenzblatt 10 (1931), S. 21-29.; Die Erziehungsfürsorge in der Wohlfahrtspflege, in: Die Frau 39 (1931/32), S. 408-413.; Schriften Elisabeth Zillkens - Die Berufsgruppe der „Fürsorgerinnen“ im Verein Katholischer Sozialbeamtinnen Deutschlands, in: Mitteilungen des VKDS 3 (1919), Nr. 3/4. - Zur Bedeutung des Reichsgesetzes für Jugendwohlfahrt, in: Die christliche Frau 22 (1924), S. 106-111, 124-127; Führer für Vormünder, Pfleger, Beistände und Helfer, Freiburg 1926. - Neue Wege für unsere Arbeit in der Gefährdetenfürsorge, in: Jubiläumstagung (1926), S. 124-138.; Aus- und Fortbildung der beruflich tätigen Kräfte für die Arbeiter in der offenen Fürsorge an weiblichen Jugendlichen. Unter Berücksichtigung der Einrichtungen, Probleme und Vorschläge des katholischen Fürsorgevereins für Mädchen, Frauen und Kinder, in: Ausbildung und Fortbildung der beruflich tätigen Kräfte in der Jugendwohlfahrtspflege. Tagung des Deutschen Archivs für Jugendwohlfahrt am 23. und 24. Juni in Potsdam, Berlin 1927, S. 72-77.; Zum Entwurf eines Gesetzes über die unehelichen Kinder, in: Die Christliche Frau 25 (1927), S. 137-153. - Gedanken zur Abänderung des Rechtes des unehelichen Kindes, in: Caritas 32 (1927), S. 302-307.; Der Kath. Fürsorgeverein für Mädchen, Frauen und Kinder (Zentrale Dortmund) in der Zeit vom 1. Januar 1925 bis 31. Dezember 1927, o.O. und o.J. - Berufsideal und Berufsschwierigkeiten der Wohlfahrtspflegerin, in: Ungelöste Fragen der Wohlfahrtspflege, Köln 1929, S. 39-77.; Stand der Arbeit des Kath. Fürsorgevereins und Idee dieser Arbeit in unserer Zeit, in: Die Referate der 7. Generalversammlung (1929), S. 17-42.; Die seelisch und soziale Gefährdung unserer Jugend, in: Korrespondenzblatt 11 (1932), S. 38-48.; Unsere Aufgabe und unser Helferwille in der Erziehungsfürsorge, in: Korrespondenzblatt 11 (1932), S. 184-195.; Hilfe für zerrüttete und unvollständige Familien, in: Jugendwohl 21 (1932), S. 267-270.; Die Familie als Träger der Erziehung und die Grenzen ihrer Rechte und Pflichten, in: Jugendwohl 22 (1933), S. 241-253.; Die Arbeit des Katholischen Fürsorgevereins im Jahre 1933, in: Korrespondenzblatt 13 (1934), S. 147-154.; Entwicklung und Gestalt des KFV aus der Verantwortung für Jugend und Familie, in: Katholische Fürsorgearbeit (1950), S. 9-30. Mein Leben -meine Arbeit, in: Elisabeth Zillken 1888-1980, hg. v. SkF, Zentrale Dortmund, [Dortmund 1981, S. 5-13.]; Fürsorgevereine, in: LThK2 4 (1960), Sp. 468f.
Zitierweise
Dr. Ursula Olschewski: Elisabeth Zillken. In: Westfälische Biographien, hrsg. von Altertumsverein Paderborn und Verein für Geschichte Paderborn. Online-Ausgabe unter http://www.westfälische-biographien.de/biographien/person/1962 (Version vom 02.09.2016, abgerufen am 08.11.2024)