Margarete Windthorst

Schriftstellerin, Dichterin


Zur Person

geboren: 03. November 1884 in Hesseln
gestorben: 09. Dezember 1958 in Strang bei bad Rothenfelde
Konfession: katholisch
Mutter: Eugenie Windthorst geb. Hülbrock
Vater: August Windthorst
Geschwister: Drei Schwestern

Biographie

„Die westfälische Heimat mit ihrem bäuerlichen Volk ist für mich der Tropfen, darin die Welt sich spiegeln soll.“ Auf diesen Nenner brachte die Schriftstellerin Margarete Windthorst ihre Erzählungen und Romane. Darin schildert sie in allen Facetten das Alltagsleben der bäuerlichen Welt des Ravensberger Landes – jenes Landstriches, in dem sie selbst aufgewachsen war und fast ihr ganzes Leben verbrachte. Geboren wurde Margarete Windthorst am 3. November 1884 als jüngste von drei Töchtern der Eheleute August Windthorst und Eugenie Windthorst, geborene Hülbrock. Ihre Mutter entstammte einer ostwestfälischen Bauern- und Juristenfamilie; sie hatte nach den ungeschriebenen Regeln des Ravensberger Anerbenrechts als jüngste Tochter das Erbe des elterlichen Hofes angetreten. Der Vater August Windthorst hatte 1879 „eingeheiratet“; er stammte aus einer Borkener Juristenfamilie und war entfernt mit dem berühmten Zentrumspolitiker und Bismarck Gegenspieler Ludwig Windthorst verwandt. Mit drei älteren Schwestern wuchs Margarete Windthorst in der Abgeschiedenheit des elterlichen Hofes auf. Er zählte zu den ältesten Bauernhöfen der Ortschaft Hesseln bei Halle. Viele Geschichten rankten sich um die Vorfahren auf dem Hof. Die Erinnerung daran prägte die Atmosphäre des Hauses–und das spätere Werk der Margarete Windthorst. In ihren frühen Kindheits- und Jugenderfahrungen wurzelt auch die religiöse Einstellung der Schriftstellerin und ihre eigenständige, unorthodoxe Gläubigkeit. Durch ihre evangelische Mutter und ihren katholischen Vater erfuhr sie früh das Verbindende und Trennende zwischen den Konfessionen. Heute ist kaum mehr vorstellbar, wie tief diese konfessionellen Gräben um 1900 in Westfalen waren – und wie sehr sie das Land in Parallelgesellschaften spalteten, die gerade in den ländlichen Milieus so gut wie keine Berührungspunkte aufwiesen. Als sie 13 Jahre alt war, starb ihr Vater an Nervenfieber. Seine Frau verwaltete fortan mehr als 20 Jahre lang den Hof. Über die Ausbildung Margarete Windthorsts ist wenig überliefert. Es heißt, sie habe für kurze Zeit die Höhere Töchterschule bei den Ursulinen in Osnabrück besucht, sei dann aber heimwehkrank zurückgeschickt worden. Gemeinsam mit ihren Schwestern wurde sie von einer Hauslehrerin unterrichtet, die die literarische Begabung der Jüngsten entdeckte und förderte. Eine kurze Zeit verbrachte Margarete Windthorst in Münster. Sie schrieb sich als Gasthörerin an der Universität ein und baute ihre literarische Bildung, die ihr schon im Elternhaus vermittelt worden war, weiteraus. Mit 27 Jahren veröffentlichte sie ihren ersten Gedichtband. Er erschien 1911 in der angesehenen Deutschen Verlagsanstalt in Stuttgart. Acht Jahre später erschien ihr zweites Buch mit dem Titel „Die Seele des Jahres“. Die natur- und heimatbezogenen Gedichte und Erzählungen sind im Ton von Hymnen, Märchen und Sagen verfasst und zeigen die Suche der jungen Dichterin nach ihrem eigenen Stil. Einem größeren Leserkreis wurde Margarete Windthorst durch ihre Schicksals-Romane aus der westfälischen Bauern- und Adelswelt bekannt. 1922 wurde der Roman „Die Tau-Streicherin“ veröffentlicht, zwei Jahre später folgte „Der Basilisk“. Zu dieser Zeit verwaltete die Schriftstellerin bereits den elterlichen Hof. Nach dem Tod ihrer Mutter 1921 erbte sie als jüngste Tochter den Hof. Sie führte ihn fast 30 Jahre lang und vererbte ihn um 1950 an einen Großneffen. Die Arbeit auf dem Hof ließ ihr kaum mehr Zeit zum Schreiben. Später schrieb sie darüber: „Ich habe mich oftmals einem Hunde verglichen, den in diesen Jahren der Pächter an der Kette oder Drahtschnur liegen hatte, der nie losgelassen wurde und zuweilen in den Nächten kurz aufheulte, um sich dennoch wieder in seine Hütte hinein zu bescheiden.“ Gleichwohl war sie beteiligt, als 1931 ein „Westfälischer Schriftsteller-Ring“ gegründet wurde. Zwei Jahre später, im September 1933, folgte sie einer Einladung zu einem Dichtertreffen in Dortmund. Aus der literarischen Welt des Dritten Reiches zog sich Margarete Windthorst zurück. Als sie 1935 erneut zu einem Schriftstellertreffen eingeladen wurde, lehnte sie ab. „Sie wollte nicht noch einmal als Feigenblatt für Mittelmaß dienen“, urteilte später die Literaturhistorikerin Renate von Heydebrand, die aber gleichzeitig feststellte: Windthorst sei mit einem Teil ihrer Werke in die Nähe der parteioffiziellen Blut-und-Boden-Literatur geraten. Mit ihrem 1943 veröffentlichten Gedichtband „Mär und Mythe – Deutsche Balladen und Gesänge“ habe sie sich „bei beachtlicher Könnerschaft im sprachlichen Entwurf“ dem herrschenden Ton angepasst, ebenso mit ihrem im ländlichen Milieu spielenden Roman „Die Sieben am Sandbach“ von 1937.Es war der erste Teil ihrer Ravensberger Trilogie, dem die Fortsetzungen „Mit Lust und Last“ (1940) und „Zu Erb und Eigen“(1949)anschlossen. Diese Trilogie dreht sich um das bäuerliche Leben, ferner um Staat und Kultur in Westfalen zwischen 1820 und 1930. Ihr Schaffen trug Margarete Windthorst 1946 den Westfälischen Literaturpreis des damaligen Provinzialverbandes (heute LWL) ein. Literarische Beobachter außerhalb Westfalens brachten nur wenig Verständnis für ihre ländlich-traditionelle Romanwelt auf. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ kritisierte im Juli 1950, ihre Trilogie sei „so eingedickt westfälisch, dass sie sich einem anderen Volksstamm nur spröde erschließt“. Ihr Denken sei untrennbar mit dem Wesen des bäuerlichen Westfalen verwachsen, ihre Sprache sei eineMischung aus Platt und „dem Deutsch alter Urkunden“. Der Hauptvorwurf bezog sich auf die Engführung der ländlichen Lebensperspektiven, die in Unbeweglichkeit und Erstarrung münden: „Von der Überlieferung der Sitte gebunden, gehorchen die Menschen (in Windthorsts Romanen) nicht ihren Impulsen, sondern leisten nur stummen Widerstand, nehmen in einem sturen Festhalten am Hergebrachten ihr Los fügsam hin.“ Kurz vor ihrem Tod, am 9.Dezember 1958, setzte Margarete Windthorst den Schlusspunkt unter ihren letzten Roman mit dem Titel „Erde, die uns trägt“. Darin erzählt sie ein weiteres Mal aus der bäuerlichen Welt ihrer Ravensberger Heimat zwischen 1880 und 1950.

Quellen

Strotdrees, Gisbert: Dichterin des Landlebens. In: Westfälisches Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben. Westfälische Köpfe 11 (2016). S. 98. Übernommen mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Zitierweise

Gisbert Strotdrees: Margarete Windthorst. In: Westfälische Biographien, hrsg. von Altertumsverein Paderborn und Verein für Geschichte Paderborn. Online-Ausgabe unter http://www.westfälische-biographien.de/biographien/person/1965 (Version vom 07.09.2016, abgerufen am 22.11.2024)